Biegt der Besucher von der Landstraße 200 - einer ehemaligen staufischen Königsstraße - zum Hermannsberg ab, zeigt ihm die rechter Hand stehende Kapelle aus romanischer Zeit, daß dieser idyllisch gelegene Platz schon lange besiedelt ist. Die Ländereien des Hermannsberges - Mons S. Hermetis oder später Hermannsperge - sind 1254 das erste Mal urkundlich erwähnt.
Aus der Urkunde aus dem Jahre 1259 wissen wir, dass zwei Höfe und eine Pfarrkirche auf dem Hermannsberg und die Burg Leonegg von den Grafen Berthold und Konrad von Heiligenberg, denen diese Besitzungen damals gehörten, gegen andere Güter des Klosters Reichenau eingetauscht wurden. Einer von den Höfen war der - Widenhof - ein Erbzinsdarlehen, von den Komturen zu Mainau an die jeweiligen Widemaier zu Hermannsberg verliehen.
Der 5. März 1360 kann als der Gründungstag des damaligen Beginen-Klosters angesehen werden. Der Komtur Ulrich von Königsegg gestattete 4 Klausnerinnen, sich auf dem Hermannsberg niederzulassen. 1398 überließ die Deutsch-Ordenskommende Mainau einen Teil des Hermannsberger Besitzes gegen ein Gut in Katzensteig dem Ritter Egenolf von Breitenlandenberg. Dieser nahm sich der Klausnerinnen recht wohlwollend an, als er mit seiner Gemahlin Verena von Klingenberg und seinem Sohn Albert versprach, ihnen auf seine Kosten zu der Kirche ein neues Haus zu bauen und es sechs ehrbaren Jungfrauen, die darin ein geistliches Leben führen sollten, als Eigentum zu übergeben.
Im Jahre 1401 nahmen die Schwestern die Regel des Dritten Ordens des Hl. Franziskus von der Buße an. Im Jahre 1409 kaufte die Klause zu Hermannsberg einen Hof zu Schönach von Hans von Homburg. 1423 vermachte der Konstanzer Domherr Georg von Hödingen dem Kloster einen Weinberg zu Altheim. Im Jahre 1435 stiftete der Edelknecht Hermann von Landenberg eine Kaplaneipfründe, und als erster Kaplan wirkte Johannes Balmer in der dem Hl. Bartholomaeus und der Hl. Brigitta geweihten Kirche. Im Jahre 1573 wurden dem Kloster neue Statuten erlassen.
Während des dreißigjährigen Krieges wurde das Kloster 1633 von schwedischen Horden ausgeplündert und verwüstet. Trotz schwerer Zerstörungen durch die Schweden suchten die geflohenen Terziarinen ihr Kloster bald wieder zu einer dürftigen Unterkunft auf. Die Kaplaneigüter waren durch die Kriegsschäden fast ganz verloren gegangen so dass kein Kaplan mehr angestellt werden konnte. Die Schwestern waren daher gezwungen, den Gottesdienst in Altheim zu besuchen.
Erst 1680 konnte ein geistlicher Herr einziehen, den der Orden der Minoriten stellte, wie dies schon seit 1526 ihr Recht und Brauch war. Nachdem die Klosterkirche 1684 renoviert worden war, erwogen die Deutschherren auf der Mainau den Plan, die gesamte Klostergebaulichkeiten von dem hochgelegenen, rauhen und sandigen Ort nach der Niederung zu verlegen. Doch es gelang ihnen nicht!
1910 wurde am gleichen Ort ein neues Kloster und ebenso eine neue Kirche - dem Hl. Antonius von Padua geweiht - aufgebaut. Architekt war der Konventualenbruder Ulrich Behr.
Im Jahre 1746 sprach man von einem - verarmten Klösterlein - im Jahre 1790 lebten hier lt. Ämtertafel 12 Schwestern. Der Reichsdeputationshauptschluss brachte den Deutschorden im Jahre 1803 in den Besitz des Klosters, das einst aus einem Ost- und einem Westflügel bestand, die durch eine Kirche verbunden waren, einige Jahre später - 1808 am 4. April wurde es aufgehoben. Im Jahre 1811 erfolgte der Abriss der Klosterkirche. Die Steine kamen nach Aachhäusle und wurden zu Ökonomiegebäuden verwendet. Der Leib des Hl. Märtyrers Crescentius, der sich in der neuen Klosterkirche befand, kam in die Pfarrkirche von Frickingen, der Hochaltar nach Denkingen. Die Kanzel und die Seitenaltäre wurden verkauft, ebenso die kleinere der beiden Glocken. Die Größere, gegossen 1627 von Johann Allgaier in Konstanz, kam auf den Turm der stehen gebliebenen Kapelle, die den Namen "Gottesackerkapelle" erhielt. Bis zur Einverleibung in die Pfarrei Groß-Schönach im Jahre 1812 wurden die in Hermannsberg verstorbenen Gläubigen in der Umfriedung dieser Kapelle begraben, während die Schwestern ihre eigene Gruft in der Klosterkirche hatten.
Das schöne, drei Stock hohe Klostergebäude, das zwei Flügel bildete, kam in den Besitz von Georg Dreher aus Pfullendorf, der es in eine Bierbrauerei umwandelte. Später kam es noch in mehrere andere Hände. Der zweite östliche Flügel wurde 1872 abgebrochen. Später kam das Kloster in die Hand der Gemeinde Hattenweiler und wurde unter anderem als Bauernhof verwendet, dann auch als kleine Fabrik, bis Dr. Kurt Hahn, der Begründer der Schulen Schloss Salem es 1925 erwarb. Zuerst zogen 12 Salemer Kinder hier ein - im Jahre 1933 war die Höchstzahl von 55 Schülern erreicht. Im Jahre 1953 kehrte Dr. Hahn nach seiner Internierung in England zum Hermannsberg zurück, wo er am 14.12.1974 verstorben ist. Am 5. Juni 1986 wurde Dr. Kurt Hahns 100. Geburtstag gedacht.
Am 1. Juli 1976 erwarb der Verein Camphill Dorfgemeinschaften e. V. das ehemalige Kloster mit der Kapelle und den Baulichkeiten, die von der Schloss-Schule Salem errichtet waren.
Die Bewohner der Dorfgemeinschaft Hermannsberg, ihre Freunde und Angehörigen haben es sich zur Aufgabe gemacht, die Kapelle die bereits 1259 urkundlich erwähnt ist, und sich in den letzten Jahren in einem sehr schlechten baulichen Zustand befand, zu renovieren, damit sie wieder genutzt werden kann.
Umfangreiche Arbeiten wurden geleistet. Es erfolgte die Sanierung des Fundamentes und zu Weihnachten 1984 ist ein neuer Glockenturm errichtet worden. Im Jahre 1985 wurde das Dach neu gedeckt und Anfang 1986 die Kapelle innen und außen neu verputzt. Der rechts neben der Eingangstür befindliche Grabstein mit Doppelwappen aus dem Jahre 1608, der von einer Ursula Lombardin, geb. Ludaescherin zeugt, ist wieder gut sichtbar.
Die alte Kulturgeschichte des Hermannsberges hat uns einen Auftrag erteilt, diesem bleiben wir verpflichtet.